Deja - eine Disney-Legende aus Dinslaken
Mit Scar aus dem König der Löwen verewigte sich der Zeichner an einem Haus in der Altstadt.
von Bettina Schack
Für Dinslaken ritzte Andreas Deja seinen „Scar“ in Ton. Die Technik passt: Denn „Scar“ bedeutet im Englischen „Narbe“.
Foto: Volker Herold
Dinslaken. Was macht Scar aus dem „König der Löwen“ – eine berühmte Disneyfigur und dann noch signiert – in Ton geritzt an einer Hauswand in der Dinslakener Fußgängerzone? Nun, irgendwie ist Scar einer von hier. Also nicht Scar selbst, der gehört natürlich nach Afrika bzw. in das Afrika des Disney-Universums. Aber der Mann, der Scar animierte, also der Zeichentrickfigur das Leinwand-Leben einhauchte, der ist ein Kind dieser Stadt. Andreas Deja, am 1. April 1957 in Danzig geboren, aber in Dinslaken aufgewachsen.
Hier ging er zur Schule, blieb seinem Kunstlehrer, einem gewissen Alfred Grimm, als „fleißiger Schüler“ im Gedächtnis und machte am Theodor-Heuss-Gymnasium sein Abitur. Und in Dinslaken im Lichtburg Kinocenter sah er mit elf Jahren „Das Dschungelbuch“, das Schlüsselerlebnis, das ihn dazu bewog, mit Hilfe seines Englischlehrers an die Disney-Studios zu schreiben, um zu erfahren, was er denn tun müsse, damit er dort als Zeichner anfangen könne. Ein amerikanischer Traum, geträumt in Dinslaken und wahr geworden in Hollywood.
Bei Disney gab man dem Kind die netten Tipps, es solle zeichnen, zeichnen, zeichnen, am besten nach der Natur. Die Eltern porträtieren, zum Beispiel. Andreas Deja aber hatte doch Balu und Baghira vor Augen und deshalb porträtierte er die Tiere im Duisburger Zoo. Dazu kam ein paar Jahre später ein abgeschlossenes Folkwang-Studium. und als er sich dann das nächste Mal bei Disney vorstellte, hatte er innerhalb von 14 Tagen einen Festvertrag in der Tasche.
Als „Taran und der Zauberkessel“ zum ersten Mal in der Lichtburg lief, staunten die Dinslakener nicht schlecht. Eine Randnotiz, wer an der Seite von Andreas Deja mit im Zeichnerteam war: Das war ein gewisser junger Mann namens Tim Burton… Tim Burton machte bald sein eigenes Ding, Andreas Deja wurde – Disney-Legende.
Tatsächlich: Disney Legend. 2015 – Zeichentrick war bereits von den heutigen Computeranimationsfilmen verdrängt und Deja schon fünf Jahre nicht mehr für die Studios tätig, ernannte der Filmgigant den Dinslakener zur „Disney Legend“, eine Auszeichnung, die der Konzern seit 1987 an Kreative verleiht, die ihren ganz besonderen Beitrag für die Filmgeschichte geleistet haben.
Nun hat sich Andreas Deja diesen Titel redlich verdient. Er schuf mit dem Löwen Scar, Dschafar aus „Aladdin“ oder Gaston aus „Die Schöne und das Biest“ legendäre Trickfilmbösewichte, kreierte Hercules, Triton aus „Arielle“, Lilo und zeichnete mit an Roger Rabbit. Hinzu kamen Neuinterpretationen der Klassiker wie Mickey Maus in „Fantasia 2000“ oder Tigger in „Winnie Puuh“. Und heute hält er die Erinnerung an die große Zeit des Zeichentricks wach, kuratiert Disney-Ausstellungen, schrieb ein Buch über den „alten Stamm“ der neun Zeichner der frühen Jahre – und arbeitet an seinem eigenen Zeichentrickfilm.
Den Dinslakener Scar an der Hauswand von Haushaltswaren Waldhoff neben der Evangelischen Stadtkirche ritzte Deja im Herbst 2005 in den Ton. Die Technik passt: „Scar“ bedeutet im Englischen „Narbe“ und Deja fügte dem Ton Scar sozusagen als Narben zu. Der Anlass war allerdings richtiggehend Hochglanz: Dem berühmten Sohn der Stadt zu Ehren wurde in Dinslaken eine ganze Themenwoche abgehalten und vor der Kathrin-Türks-Halle der rote Teppich ausgerollt. Ein Hauch von „Oscar-Gala“ in Dinslaken. Andreas Deja selbst gehört bereits seit 1987 zu den Stimmberechtigten für den höchsten Filmpreis der Welt.
In Dinslaken verewigte sich Andreas Deja übrigens noch an einem anderen Ort, am anderen Ende der Fußgängerzone: Für die Lichtburg, wo er als Kind das „Dschungelbuch“ sah, zeichnete er Mickey Maus als Kino-Logo.
Quelle: RP 06.04.2021