Zeit, dass sich was dreht
von Bettina Schack
HEIMATKUNDE. Die Geschichte der Wind- und Wassermühlen im Rheinland war Thema des ersten Stadthistorischen Vortrags im Herbstsemester. DINSLAKEN. Sie gehören zu den Wahrzeichen in der Region. Romantisch, liebevoll restauriert, in glücklichen Fällen wieder voll funktionstüchtig. Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung hat man die verbliebenen Wind- und Wassermühlen als architektonische Kleinode erkannt, unter dem Schutz der Denkmalpflege gestellt. Und seit den Fünfziger Jahren beschäftigen sich Vereine und Privatleute nicht nur mit dem Erhalt, sondern auch mit der Erforschung der naturkraftbetriebenen Energieerzeuger. So auch der Krefelder Dr. jur. Hans Vogt, stellvertretender Vorsitzender des rheinischen Mühlenverbands. Vorgestern sprach er im Rahmen der Stadthistorischen Vortragsreihe von VHS, Heimatverein und Stadt Dinslaken im Dachstudio über die Blütezeit , den Niedergang und die Renaissance der Niederrheinischen Mühlen. Vogt zeigte die erste Dokumentation einer Wassermühle durch Vitruv, die Entwicklung der Schiffmühlen, die im Mittelalter in Scharen auf den Flüsse zu finden waren. Wassermühlen unterscheiden die Experten in unterschlächtige und oberschlächtige. Bei niedrigem Gefälle fließt das Wasser unter dem Rad, bei größerem Gefälle fällt es vornüber über das Rad. Wahrscheinlich war dies bei der heute durch eine Turbine betriebenen Mühle des Haus Wohnung der Fall. Wassermühlen waren preiswert und leicht zu bedienen, daher ihre Überzahl zu den Windmühlen. Die um 750 in Persien erfundenen und seit 1180 in Europa erprobten Windkraftwerke müssen vom Müller durch die Stürme gebracht werden, es passt, dass die Holländer ihre Mühlen auf den Schiffswerften bauten. Ein Blick auf die linke Rheinseite. Dr. Han Vogt zeigte die erste Kölner Bockmühle, ein Holzhäuschen mit Flügeln, dass in alle Richtungen gedreht werden konnte, die Stadtmühle in Kempen, ein umgebauter Turm der Stadtmauer. Solche Windmühlen versorgten als „Zivis“ unter den Wehrtürmen die Bürger. Die Greifsmühle an der A57 war ein Spähturm der Burg Linn. Die Franzosen verlangten übrigens per Gesetz einen Mindestabstand zwischen Windmühle und Straße von 300 Metern, so der gelernte Jurist Dr. Vogt. Man befürchtete, dass die Kavalleriepferde wie Don Quichote vor den Flügeln scheuen könnte. Dampfkraft und Elektromotoren ließen die Mühlen sterben. Während der Staat mit Entschädigungen zur Stillegung warb, kämpfte 1955 ein erste Mühlenverein erfolgreich um den Erhalt einer im Krieg beschädigten, nun vom Abriss bedrohten Windmühle. Fünf Jahre später sollte dieselbe Mühle ins neue Freilichtmuseum Kommern versetzt werden, auch das wurde verhindert. Heute dreht sich die Windmühle voll funktionstüchtig an ihrem angestammten Ort: Sterkrader Straße, Dinslaken-Hiesfeld. |